Wir sind Bummelgasse

Umstritten

Auch 50 Jahre nach Einführung der Fußgängerzone erinnern sich Anwohner und Gewerbetreibende noch gut an die Diskussionen im Jahr 1975.

Lange Jahre wurde in Babenhausen über verkehrs­politische Ansätze diskutiert. Wie sollte auf die immer größer werdende Anzahl an Verkehrsteilnehmern in der Fahrstraße reagiert werden? Mit dem Bau der Ringstraße (heute An der Stadtmauer) sollte die Fahrstraße von den vielen Kraftfahrzeugen entlastet werden. Die Einrichtung einer Fußgängerzone war umstritten. Befürworter und Widersacher meldeten sich in der Presse und bei Bürgerversammlungen zu Wort.

Auch die Geschäftswelt war gespalten: Während die Läden mit großen Schaufenstern eine Fußgängerzone befürworteten, fürchteten etwa Metzger und Bäcker Einbußen, wenn ihre Kundschaft nicht mehr vor dem Geschäft halten durfte. Befürworter setzten sich für eine Entflechtung von Fußgängern und Verkehr ein – zum Wohle der Menschen in der Innenstadt.

„Bestimmte Geschäfte hatten
Vorteile. [...] Die Fußgängerzone
bedeutete, dass keiner zu uns fahren konnte.“
Harald Willand, damals Inhaber von Farben-Willand in der angrenzenden Schlossgasse
„Es waren ja auch einige dagegen. Auch wir. Die gesagt haben, da fällt was weg: schnell einmal mit dem Auto vorfahren, halten, Frühstück holen, einkaufen. Die Leute parken nicht an der Stadthalle und laufen da her und holen sich Frühstück.“
Heinrich Klein, damals Metzgerei Klein
„Selbstverständlich kann man erwarten, dass ein ‚kleiner‘ ­Anmarschweg in Kauf genommen werden kann. Aber wenn dieser über eine schnell befahrene ­Ringstraße führt, wenn man ­Müttern mit Kindern und voll­bepackten Einkaufstaschen an unübersichtlichen Stellen ohne Fußgängerüberweg teilweise unter Lebensgefahr zumutet, ihre Parkplätze zu erreichen, wäre dies ein Grund, das Ganze nochmals zu überdenken.“
Babenhäuser Zeitung, 24. April 1975
„Was im Vordergrund stehen sollte und muss ist Lebensqualität. Auf das Problem ‚Fußgängerzone‘ übertragen bedeutet dies für Baben­hausen, dass zum Wohle der gesamten Bevölkerung der individuelle Verkehr in der Fahrstraße ausgeschlossen werden muss.“
Bürgermeister Georg Willand, 1975
„Ich war gegen die Einführung einer Fußgängerzone, weil die Kundschaft nicht mehr bei uns halten konnte. Hab sogar einen Leserbrief geschrieben. Die Bummelgasse hat sich dann aber doch ganz gut entwickelt.“
Alois Buchinger, damals Inhaber Café Buchinger
„Die Leute wollten halt gerne mit den Autos bis vor das Geschäft fahren, wie das heute zum Teil auch noch ist.“
Günter Mehring, damals Lederwaren Jackel & Mehring
Mittlerweile hat sich die Diskussion beruhigt – was auch an der veränderten Geschäftswelt liegt.